Die hohen Energiepreise setzen derzeit energieintensive Branchen stark unter Druck. Wie die aktuelle Analyse von Coface zeigt, gibt es jedoch einige Branchen die sich nicht nur in der Corona-Krise, sondern auch in Bezug auf die Folgen des Ukraine-Konflikts als resilient erweisen. Schon vor Ausbruch des Ukraine-Konflikts haben sich viele Branchen in volatilen Situationen befunden, nicht nur aufgrund der starken Abhängigkeit von Energiepreisen oder vulnerabler Lieferketten, sondern auch aufgrund anderer Herausforderungen wie technologischen Innovationen, Umweltregulierungen oder veränderten Verbraucherpräferenzen. „Branchen, die dagegen hohe Eintrittsbarrieren haben und gleichzeitig dominant am Markt sind, haben sich als weitaus widerstandsfähiger erwiesen. Doch auch für Branchen die sich derzeit als weniger resilient erweisen, werden die Auswirkungen der COVID-Krise und des Russland Ukraine Kriegs als Katalysator für bedeutende Veränderungen in der Organisation der Lieferketten, der Technologisierung und ihrem ökologischen Fußabdruck wirken“, erklärt Dagmar Koch, Country Managerin Coface Österreich.
Die aktuelle Analyse von Coface verdeutlicht, zyklische und energieintensive Industrien sind besonders sensibel gegenüber Störungen auf den Energiemärkten. Die in der Europäischen Union vulnerabelsten Branchen sind demnach die Metall-, Mineral- und Chemieindustrien. Besonders stark betroffen von hohen Energiepreisen sind in Österreich die Chemie- und Papierindustrie. „Die wachsenden Produktionskosten der Papierindustrie spiegeln sich eindeutig in der Preisentwicklung wider. Getrieben werden die Preise jedoch nicht nur von den Energiekosten, sondern auch von hohen Einkaufspreisen für Rohstoffe“, betont Koch.
Informations- und Kommunikationstechnik (IKT)- und Pharmabranche besonders widerstandsfähig
Wie die Studie von Coface zeigt, sind mit dem IKT- sowie dem Pharmasektor zwei Industrien besonders resilient, die durch hohe Innovation, Forschungs- und Entwicklungsarbeit gekennzeichnet sind. Während der Pharmasektor sich, auch aufgrund der Corona-Pandemie, finanziell gut entwickelt, profitiert der IKT-Subsektor „Medien“ davon, dass Investitionen und Geräte zur Nutzung bereits vor der Corona-Pandemie gekauft wurden. Nutzer sind damit nicht von Lieferkettenstörungen betroffen und können die Angebote ohne physikalische oder geographische Barrieren nutzen. „IKT-Unternehmen stützen sich auf langfristige Investitionen und können die Krise aus einer komfortablen Situation angehen, denn es handelt sich dabei um hochtechnologische und innovative Industriezweige mit hohen Eintrittsbarrieren für neue Akteure“, betont Koch.
Agrar- und Lebensmittelbranche unter Beobachtung
Seit Beginn des Ukraine-Konflikts beobachtet Coface den Agrar- und Lebensmittelsektor intensiv. Mit Russland und der Ukraine sind zwei Parteien am Konflikt beteiligt, die zu den größten Getreideexporteuren zählen und das Risiko in Regionen, die abhängig von Lebensmittelimporten sind stark erhöhen. Im März 2022 stieg so etwa der Lebensmittelpreisindex der FAO, der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen, um +17.9 Punkte an und erreichte damit einen Rekordhoch. Wie in anderen Branchen fällt das Risiko jedoch von Region zu Region sehr unterschiedlich aus. Als Hochrisikoregionen gelten Asien und Afrika, im speziellen Südasien und Ostafrika, in denen knapp die Hälfte aller Menschen lebt, die von Nahrungsmittelknappheit betroffen sind. Hitzeperioden zu Beginn des Jahres 2022 wirken sich hier zusätzlich negativ auf die ohnehin schon kritische Lage durch gestiegene Lebensmittelpreise aus.
Branchentransformationen und verändertes Verhalten
Coface erwartet, dass Regierungen, Unternehmen und Konsumenten in Folge der Corona-Pandemie und des Ukraine-Konflikts ihr Verhalten deutlich verändern werden. Obwohl der Transit auf der Schiene von China nach Europa durch Russland von den Sanktionen ausgenommen ist, orientieren sich bereits jetzt viele Unternehmen um und weichen auf den Mittelkorridor aus, der von China aus Kasachstan, Aserbaidschan und die Türkei kreuzt. Gleichzeitig ändern viele Regierungen ihre Strategien und diversifizieren ihre Energieimporte durch verschiedene Anbieter, Routen und Energiequellen oder reagieren, wie im Falle Indonesiens, mit Exportstopps von wichtigen Gütern. Darüber hinaus erwartet Coface, dass Konsumenten sich wieder aufgrund mangelnder Verfügbarkeit oder gestiegenen Preisen wieder lokalen Produkten zuwenden. „Die hohe Bedeutung von Widerstandsfähigkeit zeigt sich aktuell einmal mehr, die gute Nachricht ist: Geringe Resilienz ist nicht in Stein gemeißelt, Unternehmen, Regierungen und Konsumenten lernen dazu, orientieren sich neu und adaptieren ihr Verhalten entsprechend“, so Koch abschließend.